Hans Anselm Quintett

 

Nicht nur Kinder können imaginäre Freunde haben, sondern auch Jazzbands. Das Hans Anselm Quintett hat sich sogar nach ihrem für andere nicht sichtbaren Spielpartner benannt, der nach den Worten von Gitarrist Benedikt Schnitzler die Gruppe „bewacht, inspiriert, in Aufruhr versetzt und uns die Noten zuflüstert, die wir spielen sollen.“ 

 

Nun, bei Hans Anselm scheint es sich um einen ähnlich alten Hasen wie den berühmten Harvey zu handeln – darauf lässt zumindest der gewiefte Umgang mit polyrhythmischen Strukturen, Elektronik und Atmosphärenkonstruktionen schließen, die er seinen per Telepathie verbundenen Seelenverwandten an Trompete, Klavier, Gitarre, E-Bass und Drums eingegeben hat. 

 

Der wahre Grund dafür, dass sich die Formation den ominösen Hans Anselm zum Patron erkoren hat, dürfte freilich darin liegen, dass diese Wahl am gerechtesten ist – vom Können her könnte schließlich jedes der Quintett-Mitglieder namensgebender Bandleader oder namensgebende Bandleaderin sein. Etwa Trompeter Gabriel Rosenbach, der mit seinen variabel modulierten Tönen der Haupt-Geschichtenerzähler ist. Oder Pianistin Anna Wohlfarth, die mit großer Sensibilität und unbestechlicher rhythmischer Akkuratesse das Rückgrat bildet und das Spielgeschehen oft mit einem besonderen Handlungs-Twist versieht. 

 

Eine Aufgabe, die sie sich mit Gitarrist Schnitzler teilt, der sich offenbar für die höhere Odd-Time-Mathematik genauso begeistern kann wie für Rock-Hymnik oder Swing-Pointillismus. Aber auch Bassist Arne Imig und Schlagzeuger Johannes Metzger könnten Hans Anselm ohne Weiteres im Bandnamen ersetzen – der eine, weil er nicht bloß Begleiter, sondern unermüdlicher, fantasievoller Solist auf den Basssaiten ist, der andere, weil man seine pulsierenden Pattern selbst dann zu vernehmen meint, wenn er gar nicht spielt (so der Fall im schwerelosen „Moon Song“). 

 

Dass die mit Anleihen an Dark Jazz, Indie-Rock oder Folkloristischem jonglierenden Nummern eine beinahe episch-orchestrale Dimension in ihren Verläufen aufweisen (etwa in „Lucid Flow“), kommt nicht von ungefähr – schließlich ist das Quintett auch Kernstück einer Jazz-Großformation. Ihr Name? Hans Anselm Big Band. Der unsichtbare Freund scheint ein äußerst umtriebiges Wesen zu sein. 

 

 

Gabriel Rosenbach                       Trompete

Benedikt Schnitzler                      Gitarre

Anna Wolfarth                                 Piano

Arne Imig                                           Bass

Leon Griese                                      Schlagzeug